Freihandelsabkommen TISA und der Transfer von Daten

Bedroht TiSA den Datenschutz in Europa?

Das Freihandelsabkommen TiSA (Trade in Services Agreement) steht bereits seit Aufnahme der Verhandlungen 2012 in der Kritik – unter anderem deswegen, weil größtenteils hinter geschlossenen Türen verhandelt wird. Nun wurden neue Dokumente veröffentlicht, die einen Einblick in den aktuellen Verhandlungsstand erlauben und vor allem Datenschützern Unbehagen bereiten.

TiSA von Anfang an umstritten

Die daraus gewonnen Erkenntnisse sind nicht neu, aber brisant. Denn Experten warnen schon seit geraumer Zeit vor einer Aufweichung der EU-Datenschutzrichtlinien durch TiSA. So kritisierte der Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang Kessler bereits 2015, dass TiSA Länder dazu verpflichtet, ausländischen Finanzdienstleistern (wie Banken und Versicherungen) Zugang zu ihrem Markt zu gewähren. Gleichzeitig sollten Unternehmen nicht mehr daran gehindert werden, Kundendaten wie beispielsweise Kontodaten außer Landes zu transferieren.

Die nun geleakten Dokumente thematisieren abermals die grenzübergreifende Datenübermittlung. Demnach sollen die Vertragspartner ihren Finanzdienstleistern gegenseitig erlauben, Informationen in elektronischer oder anderer Form über Landesgrenzen hinweg zu übertragen, sofern dies einem unternehmerischen Handeln dient.

Datenschutz bzw. Datenschutzregeln, so heißt es an anderer Stelle, dürften kein „Handelshemmnis“ darstellen, also beispielsweise dazu dienen, inländische Dienstleister gegenüber ausländischen zu bevorzugen. Datenschützer befürchten, dass dadurch bestehende Bestimmungen zu Datenminimierung, Zweckbindung und Transparenz ausgehöhlt oder ausgehebelt werden könnten, wenn sie nicht ausdrücklich von dem Abkommen ausgenommen werden.

Problematisch wird es außerdem, wenn es darum geht, zu klären, welche Schutzstandards „Handelshemmnisse“ darstellen und welche nicht. Damit werden sich nämlich nicht länger unabhängige Datenschutzbeauftragte befassen, sondern mit Handelsexperten besetzte Schiedsgerichte. Auch hier besteht die Gefahr der Aufweichung europäischer Datenschutzrichtlinien.

Standards nicht opfern, sondern prägen

Dr. Alexander Dix ist stellvertretender Leiter der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID) und ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Berlin. Er sieht den Datenschutz durch TiSA und die geheimen Absprachen in Gefahr. Er fordert mehr Druck auf die politischen Entscheidungsträger. „Datenschutz ist in Europa ein Grund- und Menschenrecht. (…) Ich sehe die reale Gefahr, dass diese Datenschutzstandards auf dem Altar des freien Welthandels geopfert werden“, so Dix. „Wie soll ein demokratisch gewähltes Parlament in einem Rechtsstaat solche Abkommen ratifizieren, wenn sie geheim gehalten werden?“

Aktuell jedenfalls liegen die Verhandlungen vorübergehend auf Eis, bis sich die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump neu sortiert hat. Trumps kritische Einstellung gegenüber internationalen Freihandelsabkommen macht Datenschützern jedenfalls Hoffnung. Sie sehen hier eine Gelegenheit für die EU-Kommission, im Bereich Datenschutz weltweit europäische Standards zu prägen.

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